
Küchenweisheiten auf dem Prüfstand: Was wirklich hinter den bekanntesten Mythen steckt
Die größten Missverständnisse beim Kochen wissenschaftlich erklärt
In jeder Küche – ob bei Oma zu Hause, in trendigen Kochsendungen oder bei Hobbyköch:innen – kursieren unzählige Mythen über das Kochen, die seit Generationen weitergegeben werden. Manche davon scheinen logisch, andere beruhen auf Halbwissen, und einige halten sich hartnäckig, obwohl sie längst widerlegt wurden.
Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel der Küchenirrtümer. Er analysiert die bekanntesten Mythen, klärt auf, was wirklich stimmt, und zeigt, wie Sie in Zukunft bewusster, besser und mit mehr Wissen kochen können.
Versiegelt Anbraten wirklich die Fleischsäfte?
Einer der am häufigsten wiederholten Küchentipps lautet: Fleisch scharf anbraten, damit die Säfte eingeschlossen werden. Die Vorstellung klingt logisch – doch sie ist falsch.
Beim scharfen Anbraten entsteht eine köstliche Kruste durch die sogenannte Maillard-Reaktion, bei der Zucker und Aminosäuren auf hoher Temperatur karamellisieren. Diese sorgt für Aroma, nicht aber für einen „Saftverschluss“. Tatsächlich verliert Fleisch beim Braten immer Flüssigkeit, unabhängig von der Hitze. Um ein saftiges Ergebnis zu erzielen, sollten Sie Fleisch nicht übergaren und es nach dem Garen ruhen lassen, damit sich die Fleischsäfte im Inneren verteilen.
Soll man rohes Huhn vor dem Kochen abwaschen?
Viele meinen, man müsse rohes Geflügel abspülen, um Keime zu entfernen. Doch das ist gefährlich und unnötig. Beim Waschen von Hähnchen können Salmonellen und andere Keime durch Spritzer auf die Umgebung verteilt werden – auf Spüle, Geschirr, Kleidung.
Stattdessen gilt: Hitzebehandlung tötet Bakterien ab. Wenn das Fleisch auf mindestens 75 °C Kerntemperatur erhitzt wird, sind Keime zuverlässig beseitigt. Besser also: Hände, Messer und Oberflächen gründlich reinigen – das Huhn selbst bleibt ungespült.
Verhindert Öl im Nudelwasser das Zusammenkleben?
Ein klassischer Rat lautet: Ein Schuss Öl ins Kochwasser, damit die Nudeln nicht kleben. Leider ist auch das ein Mythos. Öl schwimmt auf dem Wasser und hat keinen Kontakt zu den Nudeln, die am Topfboden garen.
Besser ist es, die Pasta gleich zu Beginn umzurühren, ausreichend Wasser zu verwenden und sie nach dem Kochen mit der Soße zu vermengen, solange sie noch heiß ist. Öl kann sogar verhindern, dass die Soße an den Nudeln haftet – also lieber darauf verzichten.
Verdampft Alkohol beim Kochen vollständig?
Ein beliebter Irrglaube: Beim Kochen verschwindet der gesamte Alkohol. Das stimmt so nicht. Zwar verdampft Alkohol bei Hitze, doch der Prozess ist langsam und unvollständig.
Je nach Garzeit und Methode bleiben zwischen 5 % und 85 % Alkohol im Gericht zurück. Ein flambierter Braten enthält also deutlich mehr Restalkohol als ein Gulasch, das zwei Stunden geschmort hat. Wer auf Alkohol verzichten möchte, sollte lieber auf Alternativen wie Traubensaft, Brühe oder Apfelessig zurückgreifen.
Zerstört die Mikrowelle Vitamine?
Die Mikrowelle gilt als praktischer Helfer – und als Vitamin-Killer. Doch das stimmt nicht. Im Gegenteil: Mikrowellen garen besonders schonend, weil sie kurze Garzeiten ermöglichen und mit wenig oder gar keinem Wasser auskommen.
Wasserlösliche Vitamine wie Vitamin C und B-Vitamine bleiben so besser erhalten als beim Kochen im Topf. Wichtig ist jedoch, das Gargut nicht zu überhitzen. Kurzes Erhitzen in der Mikrowelle ist eine der besten Methoden, um Nährstoffe zu bewahren.
Kocht gesalzenes Wasser schneller?
Ein physikalisches Halbwissen: Salz erhöht den Siedepunkt von Wasser, also kocht gesalzenes Wasser schneller. Das Gegenteil ist der Fall – durch die Anhebung des Siedepunkts dauert es sogar länger, bis das Wasser kocht.
Der Unterschied ist jedoch minimal und in der Praxis kaum spürbar. Salz ins Wasser zu geben, lohnt sich trotzdem – aber aus geschmacklichen Gründen: Es verleiht Teigwaren und Gemüse ein ausgewogeneres Aroma.
Ist ungesalzene Butter beim Kochen immer besser?
Viele Profiköch:innen empfehlen ungesalzene Butter, um die Salzmenge im Gericht besser steuern zu können. Gesalzene Butter enthält eine nicht exakt definierte Menge Salz, die je nach Hersteller variiert.
In Rezepten mit genauer Dosierung – etwa beim Backen – ist daher ungesalzene Butter ideal. Wer Butter jedoch als Brotaufstrich oder für einfache Gerichte verwendet, kann ohne Weiteres zur gesalzenen Variante greifen.
Macht Marinieren Fleisch zarter?
Viele glauben, dass Marinieren zähes Fleisch weich macht. Tatsächlich wirken Marinaden hauptsächlich an der Oberfläche und dringen kaum ins Innere ein.
Säurehaltige Marinaden – etwa mit Essig oder Zitronensaft – können sogar das Eiweiß an der Oberfläche denaturieren, was das Fleisch trocken und gummiartig macht, wenn es zu lange eingelegt wird.
Zur echten Zartmachung helfen enzymatische Zusätze wie Papaya oder Ananas (mit Papain bzw. Bromelain), das mechanische Klopfen oder langsam gegarte Schmorverfahren.
Sollte man Reis und andere Körner vor dem Kochen waschen?
Viele Sorten wie Basmati, Jasminreis oder Quinoa profitieren vom Waschen vor dem Kochen. Dabei werden Stärke, Staub und Bitterstoffe entfernt.
Quinoa enthält z. B. Saponine, die einen seifigen Geschmack erzeugen können – durch Spülen wird dieser neutralisiert. Auch Reis wird durch das Waschen lockerer und klebt weniger. Nur bei angereicherten Sorten sollte man vorsichtig sein, da dabei Nährstoffe ausgespült werden könnten.
Verringert Natron im Bohnengericht Blähungen?
Ein beliebter Trick ist die Zugabe von Natron ins Kochwasser bei Hülsenfrüchten. Es kann tatsächlich dabei helfen, Oligosaccharide abzubauen – jene Zucker, die im Darm zu Gas führen.
Gleichzeitig wird der Kochprozess beschleunigt, da die Zellwände schneller aufweichen. Doch zu viel Natron verändert Geschmack und Konsistenz negativ. Als Alternative bietet sich das Einweichen über Nacht und das Verwerfen des Einweichwassers an.
Darf man Gusseisen mit Spülmittel reinigen?
Die alte Regel besagt: Gusseisen nie mit Spülmittel reinigen, sonst geht die Patina verloren. Doch das stimmt heute nur bedingt. Moderne Spülmittel sind mild und entfernen nicht die eingebrannte Ölschicht (die sogenannte „Seasoning“), solange sie sparsam verwendet werden.
Wichtig ist, dass Gusseisen nicht eingeweicht wird, gründlich getrocknet und anschließend mit etwas Öl eingerieben wird. Damit bleibt es rostfrei und antihaftbeschichtet.
Verhindert der Avocadokern das Braunwerden von Guacamole?
Ein weit verbreiteter Mythos: Wenn man den Kern in der Guacamole lässt, bleibt sie länger grün. In Wahrheit wirkt der Kern nur auf den direkt bedeckten Bereich – der Rest oxidiert und wird braun.
Besser: Die Guacamole luftdicht mit Frischhaltefolie abdecken, sodass keine Luft an die Oberfläche gelangt, oder mit Limettensaft beträufeln – die Säure hemmt die Oxidation wirksam.
Sind frische Lebensmittel immer besser als Tiefkühlware?
„Frisch ist besser“ – aber nicht immer. Viele Tiefkühlprodukte werden direkt nach der Ernte schockgefrostet, wodurch Vitamine und Mineralstoffe gut erhalten bleiben.
Frische Produkte, die lange transportiert und gelagert wurden, verlieren hingegen oft an Nährstoffen. Auch Konserven sind nicht per se ungesund – wichtig ist, auf Zucker- und Salzgehalt zu achten.
Fazit: Qualität, Verarbeitung und Lagerung entscheiden – nicht der Aggregatzustand.
Kochen Gemüse in gesalzenem Wasser schneller?
Der Siedepunkt ändert sich kaum, also kocht Gemüse im gesalzenen Wasser nicht schneller. Doch Salz hat einen anderen Effekt: Es verstärkt den Geschmack und hilft, dass grünes Gemüse seine Farbe behält.
Beim Blanchieren wird das Gemüse bissfest und farbintensiv, wenn Salz im Wasser ist. So bringt Salz nicht nur Geschmack, sondern auch eine ansprechendere Optik.
Sind alle verarbeiteten Lebensmittel ungesund?
Nicht alle verarbeiteten Lebensmittel sind automatisch schlecht. Es kommt auf den Verarbeitungsgrad und die Zusatzstoffe an.
Während stark verarbeitete Produkte wie Fertigpizza, Snacks oder Limonade oft viel Zucker, Salz und Fett enthalten, gibt es auch gesunde Alternativen: Tiefkühlgemüse, Joghurt, Tomaten aus der Dose oder Vollkornbrot sind praktisch und nährstoffreich.
Wichtig ist: Etiketten lesen, Zuckerfallen erkennen und bewusste Entscheidungen treffen.
Mit dem Wissen über diese weit verbreiteten Kochmythen können Sie künftig sicherer und informierter am Herd stehen. Hinterfragen Sie alte Regeln, vertrauen Sie auf aktuelle Erkenntnisse und machen Sie Kochen zu einer genussvollen Erfahrung – ohne Irrtümer.